WIG-Schweißen Expertenwissen
WIG-Schweißen gehört zu den Schmelzschweißverfahren. Aus den drei Wörtern Wolfram-Inert-Gas ist die Abkürzung entstanden. Beim WIG-Schweißen brennt der Lichtbogen zwischen der nicht abschmelzenden Wolframelektrode und dem Werkstück. Dabei umgibt ein inertes Gas die Elektrode und das Schmelzbad. Der Gasschutz verhindert die bei hohen Temperaturen zu erwartende Oxidation der Elektrode und des Werkstücks durch Luftsauerstoff. Das inerte (inaktive) Gas schützt die Schweißstelle vor der Umgebungsluft. Zum Füllen der Nahtfugen oder zum Auftragen wird ein Zusatzwerkstoff manuell durch den Schweißer verwendet.
Schweißschutzgase
Argon (ISO 14175-I1-Ar) mit der Reinheit 4.6 (99,996 Vol.-%) ist das Standardschutzgas und anwendbar für alle Werkstoffe. Für die reaktiven Werkstoffe wie Titan, Tantal usw. wird die Qualität 4.8 empfohlen. Durch Zusätze von Helium bzw. Wasserstoff lassen sich die Eigenschaften des Schutzgases beeinflussen. Beachtet werden muss jedoch die Werkstoffverträglichkeit.
Schutzgas | Werkstoff |
Bemerkungen |
Argon |
Alle schweißgeeigneten Metalle |
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Argon 4.8 |
Reaktive Metalle wie Titan |
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VARIGON® He15 VARIGON® He30 VARIGON® He50 VARIGON® He70 |
Al und Al-Legierungen Cu und Cu-Legierungen |
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VARIGON® He90 |
Al und Al-Legierungen |
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Helium |
Cu und Cu-Legierungen |
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VARIGON® H2 VARIGON® H5 bis H15 |
Austenitische nichtrostende Stähle Ni und Ni-Legierungen |
H2-Zusatz bewirkt im Vergleich zu Argon
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VARIGON® N2 VARIGON® N3 VARIGON® N2H1 |
Voll austentische CrNi-Stähle |
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VARIGON® N2 VARIGON® N3 VARIGON® N2He20 |
Duplex- und Superduplex-Stähle |
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Schutzgase und Werkstoffe
Die Versorgungsart in Einzelflaschen oder Ringleitung ist vom Bedarf abhängig. Je nach Stromstärke, Werkstoff und Schutzgasart werden zum sicheren Gasschutz ca. 5 – 12 l/min Schutzgas benötigt. Der Gasschutz wird durch die Verwendung von Gaslinsen verbessert und die Zugänglichkeit zur Schweißstelle erleichtert. Zur Kontrolle der richtigen Gasmenge an der Schutzgasdüse werden Gasmessröhrchen verwendet.
Schweißanlage / Stromwahl
Es sind abhängig vom Werkstoff 30 – 50 A/mm Wanddicke notwendig. Daraus ergeben sich Richtwerte für die notwendige Leistung der Stromquelle.
Wanddicke | Werkstoffe | ||
Unlegierte und legierte Stähle | Al und Al-Legierungen | Cu und Cu-Legierungen | |
Bis 2mm | 120 A | 120 A | 200 A |
Bis 4mm |
200 A |
200 A |
250 A |
Bis 6mm |
250 A |
250 A |
300 A |
Die Wahl der Stromart ist werkstoffabhängig.
Werkstoffe | Stromart / Polarität |
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= (-)
Bedeutet bei Gleichstrom Anschluss des Schweißbrenners an den Minuspol |
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~ = (-) mit Helium
Bedeutet bei Gleichstrom Anschluss des Schweißbrenners an den Minuspol |
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~ |
Wolframelektroden
Je nach Stromart werden reine oder mit oxidischen Zusätzen versehene Wolframelektroden (DIN EN ISO 6848) verwendet. Die Oxide beeinflussen die Lichtbogenstabilität und das Zündverhalten positiv. Darüber hinaus wird die Standzeit erhöht und es ist eine höhere Elektrodenbelastbarkeit möglich. Damit kann bei konstanter Stromstärke mit einer dünneren Elektrode gearbeitet werden. Dadurch ergibt sich ein konzentrierter Einbrand mit weniger Verzug. Elektroden mit Thoriumoxid können heute durch andere Oxide oder Mischoxide ersetzt werden, weil Thorium ein schwach radioaktives Element ist und zusätzliche Maßnahmen erfordert.
Die folgende Zusammenstellung (Auszug aus DIN EN ISO 6848) zeigt die Strombelastbarkeit.
Elektroden-Ø in mm | Gleichstrom (A) Negative Polung (-) | Wechselstrom (A) | ||
Reines Wolfram | Wolfram mit Oxidzusätzen | Reines Wolfram | Wolfram mit Oxidzusätzen | |
1,0 |
10 – 75 |
10 – 75 |
15 – 55 |
15 – 70 |
1,6 |
60 – 150 |
60 – 150 |
45 – 90 |
60 – 125 |
2,4 |
120 – 220 |
150 – 250 |
80 – 140 |
120 – 120 |
2,5 |
130 – 230 |
170 – 250 |
80 – 140 |
120 – 210 |
3,2 |
160 – 310 |
225 – 330 |
150 – 190 |
150 – 250 |
4,0 |
275 – 450 |
350 – 480 |
180 – 260 |
240 – 350 |
4,8 |
380 – 600 |
480 - 650 |
240 – 350 |
330 – 450 |
5,0 |
400 – 625 |
500 – 675 |
240 – 350 |
330 - 460 |
Durch die richtige Wahl der Wolframelektroden und deren Vorbehandlung lassen sich die Lichtbogeneigenschaften und die Nahtgeometrie beeinflussen.
-
Zündverhalten und Standzeit
Oxidische Zusätze und Feinschliff in Längsrichtung. Dieser Schleifvorgang ist nur mit speziellen Vorrichtungen und Schleifgeräten möglich.
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Einbrandverhalten und Nahtbreite:
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Spitzenwinkel von 30° – 60° werden für gutes Einbrandverhalten empfohlen
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Generell geringer Spitzenwinkel - tieferer Einbrand
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Größerer Spitzenwinkel - erhöhte Nahtbearbeitung
Anwendungshinweise
Neben der richtigen Wahl der Schweißparameter, der Gasdüsengröße und der Schutzgasmenge ist auch die Brennerführung und falls erforderlich, die Zugabe des Schweißzusatzes zu beachten. Die Brennerneigung in Schweißrichtung ist stechend ca. 15° – 40°.
Die wichtigsten Regeln zur sicheren und fehlerfreien Durchführung des WIG-Schweißens sind:
Regel 1: Sauberkeit
Der Schweißnahtbereich muss frei von Fett, Öl und sonstigen Verunreinigungen sein. Ebenfalls ist auf sauberen Schweißzusatz und saubere Handschuhe des Schweißers zu achten.
Dies gilt besonders beim Fügen von Aluminium, um die Porenbildung zu verhindern. Wurzelseitig sind die Kanten zu brechen.
Regel 2: Schweißzusatzführung
Das abzuschmelzende Ende des Schweißzusatzes muss immer im Schutzgasmantel geführt werden – Verhinderung von Oxidation. Der Schweißzusatz ist unter einem kleinen Winkel, auf die Werkstückoberfläche bezogen, zu führen.
Regel 3: Gasempfindliche Werkstoffe
Beim Schweißen gasempfindlicher Werkstoffe muss zusätzlich zum Wurzelschutz mit Zusatzgasschutz (Schleppdüse) hinter der Schutzgasdüse gearbeitet werden, um eine Versprödung zu vermeiden.
Regel 4: Wolframelektrodentyp und -durchmesser
Wolframelektrodentyp und -durchmesser sind auf den jeweiligen Werkstoff, Stromstärkenbereich und auf die Schutzgaszusammensetzung abzustimmen.
Regel 5: Schliff der Wolframelektrode, Rautiefe
Der Anschliff der Elektrodenspitze soll in axialer Richtung erfolgen. Je geringer die Rautiefe der Spitzenoberfläche ist, desto ruhiger brennt der Lichtbogen und umso höher ist die Standzeit.
Beim Anschleifen der Wolframelektrode muss die Schleifscheibe gegen die Elektrodenspitze laufen, um ein Abbrechen des spröden Werkstoffes zu vermeiden.
Regel 6: Schutzgasmenge, Gasschutz
Die Schutzgasmenge ist der jeweiligen Schweißaufgabe bzw. der Gasdüsengröße anzupassen. Nach Schweißende muss das Gas lange genug strömen, um das erkaltende Schmelzbad und die Wolframelektrode ausreichend vor Oxidation zu schützen.
Für die Varigon® Schutzgase gelten folgende Angaben:
Schutzgas | Korrekturfaktor * |
Varigon®HE30 |
1,17 |
Varigon®HE50 |
1,35 |
Varigon®HE70 |
1,70 |
*Mindestschutzgasmenge geteilt durch Korrekturfaktor ergibt den am Messsystem einzustellenden Durchfluss.
Beispiel: Varigon®HE70: 12l/min Durchflussmenge am Gas-Messsystem (20:1,70)
Fehlervermeidung
Die richtige Belastung der Wolframelektrode ist wichtig zur Vermeidung von Fehlern
- Wechselstrom
Unterbelastet - Lichtbogen unruhig
Überbelastet - abtropfende Wolframelektrode führt zu Wolframeinschlüssen - Gleichstrom
Unterbelastet - Lichtbogen instabil
Überbelastet - Zerstörung der Wolframelektrodenspitze führt zu Lichtbogenunruhen
Belastung von Wolframelektroden
Fehler können auch durch falsche Brenner- und Schweißzusatzführung verursacht werden. Nachstehend sind einige typische Fehler beim WIG-Schweißen und die möglichen Auswirkungen auf die Schweißnaht zusammengestellt.
Fehler | Mögliche Auswirkungen |
Zu langer Lichtbogen |
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Zu große Brennerneigung |
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Drahtende verlässt nach dem Abschmelzen den Schutzgasbereich |
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Wolframeinschlüsse |
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